Yunnan – Mit dem Bus entlang des „Horse and Tea Trails“ durch Südwest China
21. Juni 2009 von Thommy
Ni Hao from China!
Im Reiseführer steht, dass Yunnan DIE Provinz Chinas ist, die man besuchen soll, wenn man nur Zeit für eine Provinz hat. Und dass so mancher, der eigentlich weiter wollte, hier hängen geblieben ist. Yunnan ist außergewöhnlich, was seine landschaftliche und ethnische Vielfalt angeht. Ein Blick auf die Karte macht dies deutlich: Im Norden Yunnans die über 5000 Meter hohen tibetischen Gipfel, im Süden, zwei Tage Busfahrt entfernt, tiefster Dschungel. Und das ganze umgeben von Tibet, Indien, Myanmar, Thailand, Laos und Vietnam…das riecht nach Abwechslung…wir waren überzeugt!
Unsere Visumsproblematik konnten wir leider weder in Shangri La, noch später in der Provinzhauptstadt Kunming lösen. „No Extension on Group Visa“ hat die chinesische Beamtin immer wieder gesagt. Am Ende hat sie es eher geschrieen…dies scheint eine chinesische Angewohnheit, so glauben wir langsam. Somit hieß es für uns, in 12 Tagen, also ein bisschen schneller als gewünscht, durch diese schöne Provinz zu düsen. Rückblickend betrachtet, war unsere Reisegeschwindigkeit aber ok, wir haben alles gemacht, gesehen, gegessen, gerochen und ausprobiert, was wir wollten.
Wir starteten unsere Tour im Norden Yunnans, in der tibetischen Stadt Shangri La (3200 Meter). Diese Stadt hieß übrigens vor kurzem noch Zhongdian. 1997 entschlossen sich findige Stadtplaner, sich ein bisschen von Tourismus-Kuchen der erfolgreichen Nachbarstädte Dali und Lijiang abzuschneiden und diese Stadt umzubenennen. Und zwar nach der fiktiven Stadt „Shangri La“ aus James Hiltons Bestseller „Lost Horizon“. In der Zeitung Chinas Daily wurde damals abgedruckt, dass der Yunnan Economy & Technology Research Center ohne Zweifel herausgefunden hat, dass Hiltons fiktive Stadt „Shangri La“ im Norden Yunnans liegt. Die Stadt wurde umbenannt und das Ergebnis ist erstaunlich, sehr viele Touristen, die heute nach Yunnan kommen, besuchen nun auch das ehemalige Zhondian.
Kurz vor der Stadt liegt eines der wichtigsten buddhistischen Kloster Chinas: Die Ganden Sumtseling Gompa, ein 300 Jahre altes tibetisches Kloster mit heute ca. 600 Mönchen. Zunächst erstaunte uns der relativ hohe Eintrittspreises von ca. 8 Euro pro Nase (vor 1,5 Jahren war es laut Reiseführer 1 Euro). Dann erstaunte uns, dass das Kloster aktuell eine riesen Baustelle ist. Das mittige der drei großen zentralen Hauptgebäude war jüngst komplett abgerissen worden. Wir sahen ein lustiges Bild: Mitten auf der Baustelle stand ein Mönch und delegierte die beiden Bulldozer, die Schutt von rechts nach links schoben. Irgendwie war das auch ein Zeichen, dass wir erstmal genug Kloster gesehen haben.
Auf unserem Plan stand nun eine Wanderung entlang des Tiger Leaping Gorge, DER Treck in Südwest China. Dieser Gorge (Schlucht) ist eines der tiefsten in der Welt, 16 km lang und von dem brodelnden Yangzi Fluss zu den schneebedeckten Haba Mountains 3900 Meter tief.
Per Bus ging es hierfür von Shangri La zum Startpunkt der Wanderung nach Qiaotou, wo wir in Jane´s Tibetan Guesthouse unterkamen. Eine großartige Entscheidung: Jane (Er oder Sie, das wussten wir bis zum Ende nicht!) ist eine großartige Köchin (Koch?) und in netter Runde mit anderen Backpackern bekamen wir gute Infos zum Treck.
Wir entschlossen uns, den Treck an einem Tag durchzuziehen und möglichst nicht unterwegs in einer der vielen Gasthäuser zu übernachten, sondern zu Jane zurückzukehren. Die meisten lassen sich 2 Tage Zeit für den Treck, angesichts der Visa Problematik und mit Annapurna sowie tibetischem Höhenlager in den Knochen fühlten wir uns gut, dies an einem zu schaffen. Es klappte, wir starteten um 7 Uhr und am frühen Nachmittag waren wir am Ziel und waren begeistert von dem, was wir auf dem Höhenweg gesehen hatten.
Zunächst ging es recht steil bergauf, anschließend blieben wir stundenlang auf einem Grad mit phantastischer Aussicht auf Tal und Schneegipfel, bevor es wieder bergab zur Strasse im Tal ging. Hier wartete noch ein weiterer Highlight auf uns: Auf einem sehr steilen Weg und zum Teil auf Leitern kletterten wir mehrere Hundert Meter hinab in das schmale Tal zu einer Stromschnelle des Yangzi Flusses. Selbst für Rafting-Boote ungeeignet! Ein großartiger Blick. Der anschließende Aufstieg war mörderisch, selbst Whitney hatte keine Lust mehr, Witze zu machen. Glücklich und mit vielen tollen Bildern im Kopf saßen wir anschließend 3 Stunden im Bus nach Lijiang und somit sogar einen Schritt weiter, als wir morgens geplant hatten.
Lijiang ist Tourismus pur. Tausende chinesische Touristen schieben sich abends durch die engen Gassen der Altstadt entlang hunderter Geschäfte und Restaurants. Und trotzdem waren wir begeistert! Es sieht aus, wie ich mir eine chinesische Altstadt vorstellte. Unzählige, enge Gassen, Kopfsteinpflaster, kleine Wasserläufe daneben, kleine Brücken, tausende rote Laternen an den Häusern…wie in einem Film.
Den kompletten nächsten Tag schlenderten wir nur durch die Gassen, verliefen uns immer wieder aufs und freuten uns, wenn wir wieder wussten, wo wir sind. Glücklicherweise ist die Altstadt tagsüber eher leer, teilweise waren wir sogar alleine in manchen Gassen. Erst abends wandelt sich das Bild und die chinesischen Touristen kommen aus ihrem Versteck. Lijiang wandelt sich dann in Bereichen zu einer wilden Partymeile aus tanz-, trink- und singwütigen Chinesen. Großartig zum Menschen Beobachten!
Weiter ging es nach Dali, einer weiteren Tourismus-Metropole. Dali ist schon seit mehr als 30 Jahren ein Begriff auf der Landkarte der Backpacker. Insbesondere, weil diese Gegend so weit von den Offiziellen aus Peking entfernt sein soll, sei hier alles entspannter und relaxter. Klingt gut und so war es auch.
Die Altstadt ist nicht so schön, wie in Lijiang, dafür ist die Umgebung ein Traum. Wir haben dort meinen Geburtstag gefeiert und den Tag mit mehreren coolen Aktivitäten gefüllt. Früh morgens ging es mit einer guten Doppelmeyer Godel hinauf auf die vor der Stadt liegenden Berge, wo wir bei schönem Blick auf die Stadt und insbesondere den daneben liegenden Erhai Lake (7. größter See Chinas) 3 Stunden wanderten. Wieder im Tal ging es auf den See zum Cormorant Fishing – dass es so etwas abgefahrenes gibt, war mir bisher nicht bekannt! (Whit wird drüber schreiben!). Zum Abschluß waren wir abends mit israelischen Freunden Essen und Trinken. Ein sehr schöner Geburtstag mit tollem Geburtstagskuchen von Whitney.
Am nächsten Morgen besuchten wir einen sehr schöne Montags-Markt in Shaping , auf dem die Menschen der umliegenden Dörfer ihre Waren anbieten. In dieser Region sind insbesondere die Bai und Naxi Menschen zu Hause und auf dem Markt konnten wir sie in ihrer typischen Kleidung sehen.Großartig!
In dieser Gegend wie auch in den bisher von uns bereisten Gegenden Yunnans, spricht man häufig nicht davon, aus welchem Land man kommt, sondern zu welchem Stamm man gehört. 50% der in China den verschiedenen anerkannten Minderheiten zugehörigen Menschen leben in Südwestchina, ca. 50 Mio Menschen und damit 37% der Einwohner. Alleine in Yunnan spricht man von über 250 Stämmen, wobei diese sich untereinander häufig stark unterscheiden. Sowohl in ihrer typischen Kleidung, ihren Speisen und ihrer Lebenskultur. So findet man einen Stamm, in dem eine Frau so viele Männer haben darf, wie sie möchte. Die Männer müssen immer vor dem Sonnenaufgang verschwinden. Oder einen anderen Stamm, deren Männer einst Tiger Jäger waren und die heute noch als besonders tapfer und ohne Angst gelten. Und Stämme, bei dem sich alle die Zähne schwarz färben, weil dies besonders schön ist.
Im Nachtzug fuhren wir 10 Stunden nach Kunming, der Provinzhauptstadt, von wo wir noch am Morgen einen Bus nach Yuanyang bekamen. Unser Ziel hier: die großartigen Yuanyang Reis Terrassen. Direkt nach der Ankunft arrangierten wir gemeinsam mit einem englischen Pärchen eine Rundfahrt für den kompletten nächsten Tag. Von Sonnenauf- bis untergang wollten wir Reisterassen sehen.
Um 5 Uhr holte uns der Fahrer ab, eine Stunde Fahrt zu einem besonders schönen Aussichtspunkt. Wir kamen an und sahen … Nebel! Der ganze Vormittag wurde leider nicht wesentlich besser. Wir hofften auf den Nachmittag und nach 4 Stunden Mittagspause brachen wir mit unserem Fahrer wieder auf. Nun endlich riss es auf uns wir hatten bis zum Sonnenuntergang von verschiedenen Aussichtspunkten aus perfekte Blicke auf riesige Terrassen. Auf einigen Feldern sahen wir Reisbauern bei ihrer schweren Arbeit. Es ist schwer vorstellbar, dass all diese Feldern von Menschen angelegt und bearbeitet werden.
Zurück in Kunming genossen wir es, in einer größeren Stadt (1 Mio) zu sein. Abends trieben wir uns auf der Ausgehmeile ganz in der Nähe unserer Unterkunft herum. Eine bunte Mischung aus Einheimischen, Expats, Auswanderer und Travellern war hier unterwegs. Wir hatten mehrfach gehört, dass die Menschen in Kunming sehr entspannt sind und das Leben in Kunming („Spring City“) ebenfalls sehr entspannt sein soll. Wir können uns das nun sehr gut vorstellen. Als wir der Empfehlung eines Auswanderers folgend am nächsten Morgen bereits um 7 aufstanden, um zum Green Lake Park zu spazieren, waren wir überrascht und fanden den Schlüssel für die Entspanntheit: Es schien, als seien alle über 50 Jährigen Kunmings und auch viele Jüngere hier zum gemeinsamen Frühsport verabredet. Und was für ein Frühsport: Federball, Taichi, Tanz, Schwertkampf, Tanz mit Schirm, Gesichtsreibung, Gelenkschütteln und vieles mehr.. Unserer Kameras waren im Dauereinsatz und ab und zu dehnten und streckten wir uns auch mal oder zeigten einen kleinen Discofox. Sehr amüsant.
Als wir in Kunming bei der Polizei erfuhren, dass wir tatsächlich drei Tage später das Land verlassen müssen und hier auch keine Ausreden gewünscht und akzeptiert werden, planten wir schnell unsere Ausreise. Es gibt ein cooles Speedboot, das auf dem Mekong in der Nähe von Jinghong in Südchina startet und dann in 8 Stunden auf dem Mekong zwischen Laos und Myanmar hindurch (ohne Visa zu benötigen) bis nach Thailand fährt. Großartige Idee! Der Mekong ist hier quasi Niemandsland, da er südlich von China Grenzfluss zwischen Laos und Myanmar ist. Leider erfuhren wir, dass das nächste Boot erst einen Tag nach Ablauf unseres Visas fährt. Also entschlossen wir uns, nun per Bus nach Laos und dann nach Thailand zu reisen.
Unser anschließende und vorerst letzte Stopp in China ist somit Jinghong, ganz im Süden Yunnans (Xishuangbanna Region). Anstelle der 10 stündigen Busfahrt für die knapp 500 km bis Jinghong setzten wir uns ins Flugzeug. 1 Stunde für 36 Euro pro Nase, 16 Euro mehr als der Bus, da konnten wir nicht nein sagen. Vor allem in Hinblick auf die noch anstehenden Busfahrten.
Als wir gestern aus dem Flieger stiegen, wussten wir, dass es nun Zeit wird, unseren halben Rucksack nach Hause zu schicken: Es waren nachmittags um 17 Uhr 35 Grad! Diese Gegend wird ob seines Klimas, seiner Küche und seiner Einwohner auch „Little Thailand“ genannt. Und uns scheint als haben die Menschen hier sowohl vom Aussehen, als auch von ihrer Sprache und Lebenskultur mehr mit Thailand und Burma gemeinsam, als mit China. Abends erfuhren wir (erneut) von einigen Auswanderern, dass dieses am Mekong liegende Dschungelgebiet quasi soweit weg von China ist, dass man hier eine ganz eigene Welt vorfindet. Heute an unserem letzten Tag fuhren wir per Bus raus auf die Dörfer. Nach zwei Stunden waren wir in Menhun, wo ein sonntäglicher Markt stattfindet und wo wir einige Minderheiten-Stämme dieser Region sehen konnten.
Heute Abend werden wir hier in Jinghong vorerst zum letzten Mal leckeres chinesisches Essen genießen, bevor es morgen per Bus zur Grenze geht. Wahrscheinlich wird es heute für uns das besonders scharfe Dai-Food geben, die Spezialitäten dieser Minderheit sind sehr lecker, da brennt zunächst fast das ganze Gesicht und später noch mehr. Aber dies ist eine gute Eingewöhnung auf die Küche Nordthailands (-;
Unser kleines Resümee: Wir sind recht skeptisch in China gestartet und wussten nicht, was uns erwartet. Jetzt zwei Wochen später ist das alles mit Erfahrung und eigener Meinung gefüllt. Und unsere gute Erfahrung ist, dass Yunnan ein ganz eigener und sehr interessanter Teil Chinas ist. Und wenn wir irgendwann mal ne Weile in China wohnen müssten, dann kann es gerne in Yunnan sein. (Obwohl es nicht Freiburg ist (-;)
Ach übrigens: Der „Horse and Tea Trail“ war die für über 1000 Jahre bis 1950 genutzte Handelsroute zwischen Südwestchina und Indien via Yunnan, Tibet und Myanmar. Hier wurde über Jahrhunderte Handel getrieben, mit Tee und vielen anderen Gütern und sie stand in Konkurrenz zur bekannten Seidenstrasse.
Zaijian in China!