Patagonien in 3 Akten
5. Januar 2010 von Thommy
Tierra del Fuego (Feuerland), Los Glaciares, Torres del Paine…das waren die grandiosen 3 Akte unserer tollen Patagonien-Tour.
Von Anfang an: Das Wiedersehen mit unseren hamburger Freunden Josi und Agi in Punta Arenas war sehr schön. Wir hatten uns sehr gefreut und es folgten 48 Stunden Dauergequatsche. Das braucht man auch zum Update nach 8 Monaten. Zwischendurch besuchten wir gemeinsam eine süße Pinguinkolonie und fuhren dann zu unserem ersten großen Ziel: Feuerland! Mit Bus und Fähre über die Magelanstrasse kamen wir zur südlichsten Stadt der Welt, ins argentinische Ushuaia – El Fin del Mundo – Das Ende der Welt. Hier war ich schon einmal vor drei Jahren und schöne Erinnerungen an die WM-Spiele der deutschen und argentinischen Mannschaft wurden wach. Damals war es Winter und ich war dort vor allem, weil man als Reisender halt mal ans Ende der Welt will und weil man hier auch Skifahren und kleine Husky-Schlittentouren machen kann.
Umso schöner war es, nun im Sommer hier zu sein und andere Möglichkeiten zu haben. Unser Ziel war der direkt bei Ushuaia liegende Nationalpark Tierra del Fuego.
Die drei Tage im Nationalpark waren ein großartiger Start in unsere bevorstehenden Hiking-Wochen. Wir wanderten durch von starkem Wind und häufigem Regen geprägte Märchenwälder und entlang toller Seen und Biberdämme (danke Josi!) und genossen die Abende in unserem Basiscamp bei eigenem Feuer, leckersten Speisen aus Agis Outdoor-Rezepteküche, selbstgebackenem Brot und steter Rotwein-Versorgung aus dem nahe gelegenen kleinen Restaurant. Wohlfühl Campen!
Eines unserer Hiking-Highlight war die Ersteigung eines der umliegenden Gipfel. Nach fast 4 Stunden war der 1000 Meter höher liegende Berg erklommen und wir hatten einen beeindruckenden rundum Blick auf die umliegenden Wälder und Seen, Ushuaia und den Beagle Kanal.
Mit dem Flugzeug flogen wir von Ushuaia ins argentinische Calafate…dies spart 2 lange Bustage. Wir mieteten uns einen kleinen Golf (hier GOL) und besuchten am nächsten Vormittag den wohl bekanntesten Gletscher Südamerikas: Perrito Moreno. Wenn man so wie wir morgens um halb 7 losfährt, dann erreicht man den Nationalpark zu einer Zeit, zu der jeder normale Mensch und auch die Parkwächter noch schlafen. Das spart eine Menge Geld und rechtfertigt den Mietwagen mehrfach (-;
Der Perrito Moreno Gletscher ist der Hammer. Es wurde in den letzten Jahren eine neue Aussichtsplattform gebaut, von der man einen noch besseren Blick von verschiedenen Perspektiven auf diesen stetig wachsenden Gletscher hat. Die im See liegende Gletscherwand ist an ihrer höchsten Stelle 60 Meter hoch, von der Aussichtsplattform fühlt man sich ganz nah davor. Wir hatten Glück, während wir da standen und staunten fielen zahlreiche größere Eisbrocken aus der Wand und klatschten unter lautem Getöse ins Wasser, cooles Spektakel!
Um noch ein wenig näher an dieses Eiswand des 30 km langen Gletschers zu kommen machten wir zum Abschluss noch eine kleine Bootsfahrt mit tollen Bildern.
Per Bus fuhren wir am nächsten Tag in das kleine El Chalten – ein Dorf, das nur im Sommer zu existieren scheint und für die Wanderer den Eingang zum tollen Nationalpark Los Glaciares stellt. Was das Hiken betrifft schalteten wir hiermit einen Gang höher…
Aber zunächst war Weihnachten. Es stürmte und regnete Heiligabend wie verrückt. Wir beobachteten, wie ein paar Telefonmasten aus den Angeln gehoben wurden. In unserer großen Jugendherberge war es recht gemütlich und wir bereiteten ein riesiges und extrem leckeres Gulasch mit Gnochi. Die 1,8 kg argentinisches Rind wurden fast vollständig verputzt…aber es war ja auch Weihnachten (-;
Anschließend gab es bei ein paar schönen Runden SkipBo („Kann man nicht verlieren!“), viel Kuchen, Schokolade und natürlich argentinischen Wein. Ein ganz anderes Weihnachtsfest als zu Hause am Tannenbaum, aber trotzdem gemütlich und mit den Freunden auch familiär…das war sehr nett!
Am nächsten Morgen stürmte und regnete es weiter. Die Vorstellung, mit Rucksack auf dem Rücken dort durch zu müssen war für uns alle ein wenig beängstigend. Wir planten um und entschieden uns für einen 7 Stunden Hike zu einem Gipfel und kehrten danach in unsere kuschelige Jugendherberge zurück.
Das Wetter wurde besser und am folgenden Morgen konnten wir mit vollem Gepäck los. Zunächst Richtung des zackigen Fitz Roy Massivs, der bekannteste Gipfel des Parks. Je weiter wir gingen desto schöner wurde die Landschaft, den Fitz konnten wir noch nicht sehen, er war durchgehend in Nebel umhüllt.
Die wenigen und freien Campingplätze im Park sind sehr spartanisch (außer einem Dixi-Klo gibt es nichts), aber natürlich in tollster Umgebung gebaut. Wasser zum Kochen und Trinken holt man sich aus irgendeinem der vielen Flüsse (alles Trinkwasser direkt vom Gletscher). Nach 3 Stunden Wanderung erreichten wir unseren Campingplatz und 10 Minuten später standen die Zelte. Mit Steinen bauten wir einen Windschutz für den Gaskocher, auf dem die Mädls Abends erneut ein super leckeres Poleta – Tomaten Gericht zauberten.
Als erste erfolgreiche Verteidigung gegen die langsam heran kriechende Kälte machten wir die 1,5 Liter mitgebrachten Wein heiß. Glühwein beim Hiken und Campen, ha, das ist Luxus!. Es folgten zahlreiche weitere vorbereitende Maßnahmen für die Nacht wie Luftschlitze im Zelt teilweise abkleben, Rucksäcke innen an der Windseite als Schutz aufbauen und die Nelgene-Trinkflasche mit heißem Wasser füllen und zur Wärmflasche umfunktionieren. Guter Versuch…leider alles vergeblich! Nach wenigen Stunden mussten wir uns der Kälte geschlagen geben und ein paar Stunden leiden. Und zwar so richtig! Nachts hörten wir schon, wie es konstant auf das Zelt rieselte. Als ich morgens als erster aus dem Zelt kroch war alles um uns herum weiß. Weiße Weihnacht, wie schön! Wintercamping im Zelt…wie toll. Dies gehörte bisher nicht zu unseren Hobbys.
Unsere Schlafsäcke sind leider nicht für diese Kälte gemacht, wir hatten +5 Grad erwartet, keine 0 Grad…na ja, und das neue Loch in unserer sich selbst aufblasenden Matte machte den Kampf gegen den Bodenfrost auch nicht leichter. Kurzum, es war keine schöne Nacht. Aber das Schöne ist, dass man so etwas ja schnell vergisst und als wir eine Stunde nach dem Aufstehen gemeinsam bei fast wolkenfreien Himmel den steilen Aufstieg zum Fitz Roy Ausguck krackselten, waren wir einfach nur happy, hier in dieser Winterlandschaft sein zu können. Viele haben Pech und sehen gar nichts von dem meist in dicken Wolken umhüllten Fitz Roy. Für uns machte er sich an dem morgen fast ganz nackt und wir schossen tolle Fotos. Der gesamte Aufstieg war toll!
Nach vier Stunden waren wir von unserem Ausflug zum Mirardor zurück, genossen ein spätes Frühstück, packten die Sachen und machten uns mit Gepäck auf zum zweiten bekannten Felsen dieses Parks, dem Torre. Nach weiteren Stunden toller Wanderung durch sehr abwechslungsreiches Terrain erreichten wir einen noch schöneren Campingplatz und richteten uns ein. Glücklicherweise erhaschten wir am späten Nachmittag auch noch ein paar Blicke auf den Torre, bevor er sich dauerhaft bis zu unserer Abwanderung hinter Wolken versteckte.
Schon beim Kochen und ohne Glühwein merkten wir, dass diese Nacht noch kälter werden würde. Es begann auch schon ein wenig zu schneien … na dann mal gute Nacht. Zum Glück haben Josi und Agi einen riesigen Palast als Zelt, in dem unser kleines Zeltchen fast dreimal aufgebaut werden könnte. Aus Mitleid wurden wir von unserem Hochzeitspaar zu einer kuscheligen Vierer-Nacht in Löffelchen-Stellung eingeladen. Wir nahmen dankbar an und so erzielten wir dann in letzter Minute doch noch einen Sieg gegen die Kälte…zu viert in deren Zelt, das andere Zelt wurde kurzerhand „Proviant-Zelt“ getauft.
Am nächsten Morgen wanderten wir in 3 Stunden zurück nach El Chalten und beendeten unsere 4 tollen Tage im Los Glaciares Nationalpark. Wir fuhren zurück nach El Calafate, genossen ein großes Fleisch-Abendessen und starteten die Vorbereitung für den dritten Patagonien Akt.
Der chilenische Torres del Paine Nationalpark wurde unser aller Highlight. Mit dem Bus erreichten wir das wirklich nette Dörfchen Puerto Natales, wo wir uns (mittlerweile waren wir alle Profis) im Supermarkt für den anstehenden Hike eindeckten. Das Essensprogramm wurde quasi nicht verändert, es war einfach zu gut!
Dazu kam diesmal etwas mehr Wein und eine Flasche Pisco (DAS Getränk der Chilenen) für das Silvesterfest in den Bergen. Puerto Natales ist großartig, was die Shopping-Möglichkeiten für jegliche Outdoor-Dinge angeht. Wir hielten uns zurück, aber eine neue Nelgene-Flasche, Isomatten und neue Stöcke gab es doch. Und dazu wurden -10 Grad-Schlafsäcke geliehen. Nie wieder frieren, Whitney war sehr glücklich.
Wir dachten zudem, dass wir besser wieder im Proviant-Zelt schlafen…schließlich war es ja Agis und Josis Hochzeitsreise (-;
Wir liefen im Torres den so genannten W-Treck. Uns wurde viel im vorwege von diesem Park vorgeschwärmt und sie hatten alle Recht. Es ist wirklich der Hammer und ich fand, es wurde von Anfang an immer besser. Wir blieben 4 Tage und 3 Nächte und sind jeden Tag einige Stunden gewandert. Der Wettergott war (bis auf einmal) auf unserer Seite, insbesondere der Blick auf die zackigen Torres war grandios. Den letzten Abend regnete es stundenlang aus Kübeln, unser little China (so nennen Whit und ich unser Zelt) bekam sein erstes ernstzunehmendes Leck und wir mussten gemeinsam im Josamschen Familien-Palast kochen. Aber am Morgen war außer starkem Wind die Welt wieder in Ordnung.
Das Silvesterfest in einem kleinen Refugio mitten im Park war sehr schön. Zunächst ein üppiges Essen, ein paar Getränke und abschließend südamerikanische Musik. Whit und Agi wurden von den Chilenen hin und her geschleudert, Josi und ich schauten zu und passten auf (-; Ein nettes Fest! Danach gings ins Zelt und morgens diesmal etwas später weiter.
Nun haben wir uns eben von unseren Hamburger Freunden verabschiedet. Sie machen noch eine sonnige Woche an der Küste Chiles, wir fliegen über Santiago weiter auf die Osterinsel. Das war eine sehr schöne Zeit mit Freunden, für uns so ein bisschen eine eigene Reise während der Reise. Jetzt geht es erneut für uns alleine weiter und wir müssen uns wieder alleine gegenseitig zum Lachen bringen …aber darin sind wir geübt. Wir motivieren und neu, ein paar tolle Abendteuer warten noch!
Hasta luego, amigos! And a happy new year!
Oh man Tommy , das hört sich ja nach Superabenteuer an! Also würdest du sagen, dass Du Patagonien empfehlen kannst? Deine Antwort wäre wohl, ja , mit der richtigen Ausrüstung. 😉
ich kann gar nicht genug kriegen von eurem blog, muss jetzt weiterlesen..
Babette